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Offener Brief

NORDHAUSEN. ZUSAMMEN.

Offener Brief

NORDHAUSEN. ZUSAMMEN.


Ein Appell an Nordhausen
gegen die Spaltung der Gesellschaft


Liebe Mitmenschen,

wir alle haben etwas gemeinsam: Unser Wirkungskreis und Lebensmittelpunkt ist diese Stadt – diese Stadt im Herzvorhof Deutschlands, mit all ihren Tücken und Macken, mit Licht und Schatten aller Art, mit Bausünden und Bauwünschen, mit agilen sozialen Vereinen, weithin sichtbaren Unternehmen, mit Hexenbesen und Zylinder, Türmen und Brunnen und Treppen, mit Ausblicken und Zwist und Streitkultur, mit Kunst und Theater, Museen und Gedenkstätten, mit unverfrorenem Stolz und verletzlicher Seele.

Wir alle, Bürgerinnen und Bürger der Stadt Nordhausen, werden am 24. September 2023 einmal mehr die Wahl haben. Und ein großer Teil von uns ist besorgt, dass im Ergebnis dieses Meinungsbildungsprozesses ein Kandidat außerhalb des demokratischen Spektrums das Rennen macht und damit Rechtsstaatlichkeit, demokratischer Diskurs und Pluralität in unserer Stadt in Gefahr geraten. Nicht nur im Wissen und in Verantwortung um die wechselvolle Geschichte Nordhausens unterzeichnen wir diesen Appell. – Auch, weil das Ansehen und die politische Unabhängigkeit der Stadt auf dem Spiel stehen. Nordhausen muss ein Ort für Respekt, Vielfalt und Toleranz bleiben, nach innen und nach außen, ein Ort, der gedeihen kann und der für Jung und Alt, für Familien und Studierende, Unternehmerinnen und Unternehmer und für deren dringend benötigtes neues Fachpersonal Heimat und Zukunft sein kann.

KEINE KULTUR OHNE DEMOKRATIE – KEINE DEMOKRATIE OHNE KULTUR

Das Abstimmverhalten der AfD im Stadtrat steht der Agilität und Offenheit von Bildung, Unternehmensvielfalt, Kunst und Sozialem, die unsere Stadt prägen, seit Jahren entgegen. Ob es um Förderung von Einrichtungen geht, die sich im sozialen Spektrum verdient machen oder um Zuwendungen für Theater und Hochschule – die AfD hat diese für die Stadtbevölkerung so wichtigen Institutionen und ihre vielen Mitarbeitenden meist mit Enthaltung oder Gegenstimme gestraft. Wir müssen es so klar prognostizieren: Mit dieser Haltung wird die Stadt weiterhin schrumpfen, werden sich potentielle Unternehmerinnen und Unternehmer, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht in Nordhausen ansiedeln und der einstige Motor namens Weltoffenheit und damit der Wohlstand der Stadt werden versiegen – Die Hochschule Nordhausen, unsere vielfältige Kulturlandschaft sowie die zahlreichen zivilgesellschaftlich Engagierten sollen sich darauf verlassen können, dass sich Soziales, Wissenschaft und Kultur hier weiterhin frei entfalten können.

KEINE STADTVERWALTUNG OHNE STADT

Menschenrechte, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit sind die Säulen unserer Demokratie. Mit Blick auf die zurückliegenden Auseinandersetzungen und Zerwürfnisse im Nordhäuser Rathaus, möchten wir noch einmal deutlich machen, was im Alltagsgeschäft immer wieder in Vergessenheit zu geraten scheint: Das Agieren der politisch Handelnden soll der Stadt und ihren Menschen und nicht den Partikularinteressen Einzelner dienlich sein. Alle eingesessenen und neuen Beschäftigten der zukünftigen Stadtverwaltung sollten es sich stets aufs Neue vergegenwärtigen: Politischer Wettbewerb setzt Fairness, Chancengleichheit und Transparenz voraus. Die Stadtbevölkerung ist Auftraggeber ihrer Verwaltung. Sie erwartet Offenheit und ein respektvolles Miteinander.

TOLERANZ, SOLIDARITÄT & SELBSTBESTIMMUNG

Die bevorstehende Stichwahl um das Amt des Nordhäuser Oberbürgermeisters ist nicht ausschließlich die Wahl eines Kandidaten. Sie entscheidet vor allem darüber, welche Art von Gemeinschaft wir sein werden. Es geht um Zusammenhalt und Solidarität auf der einen oder Spaltung und Ausgrenzung auf der anderen Seite. Einem geschichtsvergessenen Kandidaten, der Deutschland in einem Beitrag zum 75. Jahrestag der Bombardierung als eigentliches Opfer des Zweiten Weltkriegs verklärt und für den der 8. Mai kein Tag der Befreiung ist, einem Kandidaten, der auf dem Sommerfest des rechtsextremen Compact-Magazins um Jürgen Elsässer als Redner auftritt und sich von dezidiert faschistischen Kräften wie Björn Höcke nicht distanziert – einem solchen Kandidaten dürfen wir keine Stimme geben. Das Unsagbare von gestern wurde schleichend das Sagbare von heute. Unter diesen Vorzeichen können die Worte von Jens-Christian Wagner, dem Leiter der Stiftung Gedenkstätte Buchenwald und Mittelbau Dora, zum möglichen Wahlsieg des AfD-Kandidaten nur Mahnung sein: »Für Mittelbau-Dora und die gesamte Stadt Nordhausen wäre das […] eine Katastrophe.« (MDR)

WIR SIND DIE DEMOKRATIE

Demokratie ist der Garant für ein friedliches und respektvolles Miteinander. Das lehrt uns die Geschichte.
Nordhausen sollte Leuchtturm für demokratische Grundwerte und gegen antipluralistische und menschenfeindliche Positionen sein, gegen Hass, Hetze, alternative Fakten und verkürzte Antworten
auf die komplexen Fragen unserer Zeit.


Wir Unterzeichnenden – engagierte Mitmenschen, Unternehmen, Kulturinstitutionen, soziale Einrichtungen in Stadt und Region, ebenso uns verbundene Privatpersonen von nah und fern – möchten aufrufen zur Solidarität mit unserer Verfassung und Demokratie. Sie sind es, die uns mit Stolz erfüllen. Wir bitten deshalb aus voller humanistischer Überzeugung: Schützen wir die Demokratie in Nordhausen und darüber hinaus. Zusammen.