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Viele demonstrierende Menschen halten Lichter nach oben für ein gemeinsames Fotos. Es ist dunkel. Im Hintergrund Wohn- und Geschäftshäuser. Ein Regenbogen-Regenschirm leuchtet bunt.
Startseite » “Nie wieder” ist jetzt! – Demo am 28.01.24

Veröffentlicht am 31. Januar 2024

“Nie wieder” ist jetzt! – Selten waren diese Worte so oft zu lesen, so laut zu hören wie in dieser Zeit. Am Sonntag, den 28.01.24 haben wir, das Bündnis #nordhausenzusammen, ab 17:00 Uhr auf dem Rathausplatz in Nordhausen aufgerufen, mit uns gemeinsam Gesicht zu zeigen gegen Faschismus, Antisemitismus und Diskriminierung und für die Demokratie.

Miteinander ins Gespräch kommen

Zu Beginn der Planung rechneten wir vorsichtig mit ca. 300 Teilnehmenden, doch glücklicherweise sollten wir falsch liegen. Bereits während des Aufbaus kamen die ersten Neugierigen, die nicht über SocialMedia oder unsere Flyer von der Demo erfahren hatten und fragten, was für eine Veranstaltung hier stattfindet. Wir kamen mit Menschen ins Gespräch, die froh und dankbar waren, dass auch Nordhausen nicht leise bleibt.

Kurz vor Beginn der Kundgebung füllte sich der Rathausplatz und keine 30 Minuten später fanden wir uns wieder in einer friedlichen Menschenmenge, die alle die gleiche Haltung hatten:

Unsere Werte und unsere Demokratie sind unverhandelbar!
Faschismus und Antisemitismus sind keine Alternative!

Wir haben eine Stimme und unser Echo soll weit über die Stadtgrenzen hinaus zu hören und zu fühlen sein!

Die Kundgebung, 1. Teil

Durch die gemeinsame Kundgebung führte Alexander Scharff. Mit Rückblick auf die OB-Wahl im September letzten Jahres leitete er die Kundgebung ein mit den Worten:

„Nordhausen war plötzlich sinnbildlich dafür, dass man Dinge verändern kann. (…) Lasst uns gemeinsam diesen eiskalten Berg von Rassismus, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit wieder ein Stück zum Schmelzen bringen.“

A. Scharff

Es folgten zahlreiche Redebeiträge von Bürgerinnen und Bürgern, die mit ihrem Kommen und ihren Worten ein Zeichen setzen wollten.

Birgit Pommer etwa, Präsidentin des Thüringer Landtags, forderte alle Anwesenden auf:

„(…) lassen Sie uns nicht die Sprache derer annehmen, die behaupten, der Faschismus sei ein Vogelschiss in der Geschichte. Lassen Sie uns das bitte nicht tun. Sondern lassen Sie uns mit Respekt voreinander das Leben leben!“

B. Pommer

Ihre Worte hallten über den Rathausplatz und erreichten jeden Einzelnen.

Kai Buchmann, Oberbürgermeister der Stadt Nordhausen, erinnerte an unsere Geschichte, die mit Millionen Toten endete, sprach von der Bedrohung, die derzeit von einer demokratiefeindlichen Partei ausgeht und zeigte sich bestürzt, ob der gefährlichen Entwicklungen in diesem Land. Er mahnte:

„Wir müssen dagegen aufstehen: Ganz am Anfang und nicht am Ende!“

K. Buchmann

Zu Tränen rührte auch Siegfried Junker (Jahrgang 1939), ehemaliger ehrenamtlicher Bürgermeister der Gemeinde Görsbach, mit den Worten:

„Liebe Bürgerinnen und Bürger! Bundespräsident Walter Steinmeier hat uns zu einem Weckruf der demokratischen Mitte aufgerufen. Auch wir als ältere Bürger sollten noch nicht abseitsstehen. Auf jeden von uns kommt es an! Wenn wir zu Hause in den Familien, bei Nachbarn und Freunden diese Gedanken weitertragen, können sich diese guten Vorsätze festigen und zu einer Massenbewegung führen!“

S. Junker

Ebenfalls eindrücklich im Gedächtnis blieb der Redebeitrag von Sophie Meinicke, Lehrerin an der Evangelischen Grundschule. Sie machte deutlich, dass die Forderung nach politischer Neutralität seitens der AfD im völligen Widerspruch zu den geschichtsrevisionistischen Äußerungen führender Funktionär:innen eben dieser Partei steht. Sie forderte alle auf:

“…sich als Gesellschaft kritisch zu hinterfragen, welche Werte und Prinzipien wir in der Bildung fördern wollen, denn es ist wichtig, sich für eine offene, inklusive und aufgeklärte Bildung einzusetzen, die die Vielfalt unserer Gesellschaft widerspiegelt und jeden Einzelnen fördert.“

S. Meinicke

Ein solcher Bildungsplan der AfD, hieß es weiter, hätte Konsequenzen für Lehrkräfte, die ihren Beruf so nicht mehr ausüben könnten und würden, weil es mit ihrem Verständnis von inklusiver und individueller Bildung nicht vereinbar wäre.

All diese bewegenden Worte waren immer wieder begleitet von lauter Zustimmung, Applaus, einem atemberaubenden Gefühl von Zusammenhalt und Miteinander und ja, auch Tränen der Rührung.

Der Demonstrationszug durch die Stadt

Natürlich wollten wir diese Stimmung und unseren Protest auch in die Stadt tragen.So setzte sich der Zug gegen 18:00 Uhr in Gang über die Töpferstraße Richtung August-Bebel-Platz und weiter in die Sangerhäuser Straße.

Musik hallte aus den Lautsprecherboxen des Demonstrationsautos, Menschen sangen mit und stimmten zu eigenen Sprechchören an. Zu keinem Zeitpunkt war am Anfang des friedlichen Zugs ein Ende der Menschen zu sehen. Für uns alle war es ein besonderer Moment, als die Musik verstummte und die Glocken der Frauenbergkirche (Video) zehn Minuten lang unseren Zug begleiteten, als Zeichen der Solidarität und des Zusammenhalts: Glocken einer Kirche, die im von Nazideutschland ausgehenden 2. Weltkrieg nahezu gänzlich zerstört wurde.

Das letzte Lied, das durch die Boxen donnerte, als der Zug wieder am Rathausplatz ankam, sprach uns aus den Herzen: U2 – „Beautiful day“. Auf dem Rathausplatz angekommen, empfing uns der Posaunenchor der Blasii-Gemeinde mit der „Kleinen weißen Friedenstaube“ und schenkte uns den nächsten unvergesslichen Augenblick.

Die Kundgebung, 2. Teil

Andreas Schwarze, Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Südharz, leitete den zweiten Teil der Kundgebung ein. Er berichtete davon, dass sich auch Bischöfe in den letzten Wochen besorgt und eindringlich zu Wort meldeten.

Er erinnerte an die OB-Wahl im September 2023, als bereits viele Bürger:innen zusammenkamen und den Lauf der Dinge veränderten:

„ All das haben wir im September letzten Jahres zur OB-Wahl hier in Nordhausen schon einmal gehört und gesagt. Einmal reicht nicht. Und daher sagen wir es heute wieder. Und wir sagen es so laut, dass es niemand überhören kann. Keiner soll sagen können: Er hätte ja von nichts gewusst. Es ist alles offensichtlich!

(…) In aller Klarheit und Deutlichkeit: Nein zu Rechtextremismus und Antisemitismus. Ja zu einer offenen, toleranten und gerechten Gesellschaft.“

A. Schwarze

Es folgte Dr. Pascal Leibbrandt, Wissenschaftler an der Hochschule Nordhausen, und forderte dazu auf, uns immer wieder selbst zu reflektieren und uns zu ermahnen, welches Bild von unserer Gesellschaft, unserem Zusammenleben und unserer Solidarität wir zeichnen wollen:

„Unsere Welt, unser Land, unsere Bundesländer und unsere Städte verändern sich durch vielfältige Herausforderungen, wie dem Klimawandel, Exportschwäche durch eine veränderte Weltwirtschaft und nicht zuletzt den Mangel an Fachkräften. Wenn wir diese Probleme lösen wollen, geht das nicht ohne Zuwanderung. Wir müssen unsere Kultureinrichtungen, unsere Hochschulen, unserer Gemeinschaften und unser Zusammenleben öffnen, um zukunftsfähig zu sein.“

Dr. Pascal Leibbrandt

hieß es weiter. Leider waren viele ausländische Studierende zu unsicher und ängstlich, um selbst an der Demonstration teilzunehmen oder auf der Bühne zu stehen. Damit das nicht so bleibt und unsere Zukunft nicht geprägt von Angst, Hass und Hetze sein wird, standen Sonntagabend fast 3.000 Menschen in Nordhausen zusammen, so wie Zehntausende in ganz Deutschland in den letzten Tagen.

Nicht für oder gegen eine Regierung. Aber klar für Demokratie und gegen Faschismus!

Danke!

Wir danken allen Organisator:innen für ihre eingebrachte Zeit und Kraft (und auch die verlorengegangenen Nerven) vor, während und nach der Veranstaltung. Ihr seid der Wahnsinn!

Wir danken allen Redner:innen für den Mut und das Herzblut, mit dem ihr auf der Bühne standet und uns alle erreicht und zu Tränen gerührt habt.

Wir danken allen Anwesenden für die Haltung, die ihr gezeigt habt. Dafür, dass ihr mit uns gemeinsam das Licht für Demokratie wart und uns so viele wunderbare Gänsehautmomente geschenkt habt.

WIR ALLE SIND NORDHAUSENZUSAMMEN!